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Channel: Kommentare zu: Gesetzesentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken
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Von: Nussknacker

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Ich muss zustimmen, dass der Referentenentwurf wenig zielführend ist, an den falschen Stellen ansetzt und zudem seriöse und unseriöse Geschäftsmodelle gleichermaßen trifft.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die beabsichtigte Neuregelung dazu geeignet sein soll, die schwarzen Schafe unter den Inkassounternehmen zu treffen. Abofallen in Internet, welche regelmäßig nur in Zusammenarbeit mit einen entsprechenden Inkassobüro oder Rechtsanwalt Gewinn versprechen, wird dadurch nicht vorgebeugt. Es stellt sich auch die Frage, ob insofern überhaupt eine Gesetzesinitiative erforderlich ist. Gegen unberechtigte Forderungen sind die Verbraucher bereits durch geltendes Recht hinreichend geschützt. Der angebliche Schuldner ist nicht verpflichtet, auf unberechtigte Forderungen überhaupt zu reagieren. In diesem Fall ist der vermeintliche Gläubiger gezwungen, die Forderung gerichtlich durchzusetzten. Da jedoch Forderungen aus Abo-Fallen in der Regel nie entstanden sind, kommt es normalerweise erst gar nicht so weit.

Im Hinblick auf das Urheberrecht stimme ich zu, dass mit der Schaffung des § 101 UrhG der Gesetzgeber die derzeitigen Strukturen im Abmahnwesen selbst geschaffen hat. Grund dafür war vor allem die Entlastung der vorher mit Filesharing befassten Staatsanwaltschaften und staatlichen Ermittlungsbehörden, und damit nicht zuletzt auch des Staatshaushaltes. Die Ermittlungskosten tragen nun allein die Rechteinhaber. Wenn jedoch der Gesetzgeber schon den Rechteinhabern die Verfolgung von Urheberrechtsdelikten selbst aufbürdet, um staatliche Resourcen zu schonen, müssen die Rechteinhaber die Möglichkeit haben, die Kosten wenigstens bei den Verursachern wieder zu holen. Durch die beabsichtigte Neuregelung wird die Refinanzierung der Rechtsverfolgung im Filesharingbereich eingeschränkt, es ist fraglich, ob unter diesen Umständen den Urhebern noch wirksame Mittel verbleiben werden, um Filesharingfälle zu verfolgen. In Folge dessen besteht die Gefahr, dass geistiger Diebstahl sich im öffentlichen Meinungsbild zu einem Kavaliersdelikt entwickelt, worunter letzten Endes die Kreativen selbst und damit die kulturelle Vielfalt leiden würden. Eine angemessene Lösung kann hier nur im Urheberrecht selbst gefunden werden. Durch den Referentenentwurf wird neues Öl ins Feuer der aktuellen Debatte um das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft gegossen. Nachdem die Fronten sich hier ohnehin seit Jahren verhärteten und die Diskussion momentan auf einem Höhepunkt steht, wurden endlich ernsthafte Diskussionen, die das Gesamtkonzept des geltenden Urheberrechts hinterfragen, angeregt, aus denen eine Vielzahl von Ideen und alternativen Lösungswegen zu erwarten sind, welche die Interessen aller Parteien (Urheber, Verwerter, Verbraucher, Allgemeinheit) gleichermaßen zu berücksichtigen versuchen. Hier jetzt einen neuen Gesetzesvorstoß vom Zaun zu brechen, welcher einseitig lediglich Verbraucherinteressen stärkt, vermag diese Entwicklung nicht zu fördern sondern allenfalls den Fokus von einer Gesamtlösung auf am Rande liegende Detailfragen abzulenken. Besser wäre es, die weiteren Entwicklungen im öffentlichen Diskurs sowie auch in der Rechtsprechung abzuwarten und eine faire Lösung für alle Beteiligten zu finden.


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